Unabhängigkeitsmarsch in Warschau wegen Corona verboten
Die Corona-Krise zieht unter anderem auch in Polen weite Kreise in Richtung Unabhängigkeitsmarsch. Nun wurde seitens des regierenden Oberbürgermeisters Rafal Trzaskowski der Unabhängigkeitsmarsch verboten. Dieser hätte eigentlich am 11. November 2020 stattfinden sollen.
Nun hat das Gesundheitsamt der Stadt dem Ganzen einen Strich durch die Rechnung gemacht. Denn: die Verantwortlichen schätzten das Risiko, dass sich das Coronavirus noch weiter verbreitet bei einer hohen Teilnehmerzahl und den oft nicht einzuhaltenden Abständen als zu hoch ein. Weiterhin wurde in Polen aufgrund der Pandemie ohnehin ein Versammlungsverbot erlassen, das sich nicht mit dem Abhalten einer Demonstration (oder eines Marsches) vereinbaren lässt.
Wie in Deutschland gelten unter anderem auch in Polen aktuell Kontaktbeschränkungen. Dort dürfen sich derzeit nur höchstens fünf Personen treffen.
Mit einem kritischen Auge: Demonstrationen während der Corona-Krise
Ein Blick in die Medienlandschaft zeigt, dass aktuell in vielen Ländern der Welt – unter anderem auch in Deutschland – protestiert wird. Jüngste Beispiele sind unter anderem die Demonstrationen im Zusammenhang mit der „Black Lives Matter“ Bewegung oder die Proteste gegen die bestehenden Corona-Regeln.
In Polen fanden vor Kurzem auch Demos gegen eine Ausweitung des aktuellen Verbots von Abtreibungen statt. Hier versammelte sich unlängst (und ebenfalls in Warschau) eine hohe fünfstellige Zahl an Teilnehmern.
Genau das sollte mit der Absage des Unabhängigkeitsmarsches Mitte November vermieden werden.
Gleichzeitig handelt es sich bei dem Recht auf Demonstrationen in zahlreichen Ländern um ein Grundrecht. Vor allem in Deutschland führt genau dieser Spagat immer wieder zu Diskussionen.
Der polnische Unabhängigkeitsmarsch in Warschau als Plattform für rechte Populisten?
Die Skepsis, die viele Menschen – nicht nur in Polen – mit dem Unabhängigkeitstag verbinden, kommt nicht von ungefähr. In den letzten Jahren kam es bei dieser Veranstaltung immer wieder zu Ausschreitungen, die – den entsprechenden Berichten zufolge – vor allem von rechten bzw. nationalistischen Gruppen vorangetrieben wurden.
Auf den dazugehörigen Bildern und Plakaten, die im Vorfeld in diesem Jahr verteilt wurden, ist ein Ritter zu sehen, der einen Stern im Regenbogendesign zerstört. Besonders pikant: Polen geriet in letzter Zeit immer wieder unter anderem aufgrund seiner LGBT-freien Zonen in die Kritik. Auch viele Politiker in Deutschland, wie zum Beispiel Ursula von der Leyen, machten sich unlängst für die Rechte der Szene stark. Einige Städte kündigten sogar Städtepartnerschaften auf.
Dass die Verantwortlichen des Unabhängigkeitsmarschs nun mit den dazugehörigen Plakaten Öl ins Feuer gießen, erscheint vielen Menschen sehr provokativ und wenig einsichtig.
Ob sich nun – aufgrund der Absage – einige Demonstranten doch in kleineren Gruppen treffen und auf ihre Anliegen aufmerksam machen werden, bleibt abzuwarten.
Was steckt eigentlich hinter dem 11. November?
Der 11. November gilt in Polen als Nationalfeiertag. Dieser Aspekt basiert auf einem Ereignis aus dem Jahre 1918, an dem Jozef Pilsudski die Befehlsmacht über die Armee erhielt. Er rief unverzüglich die Unabhängigkeit des Landes aus. Das Ganze wurde dann schlussendlich durch den Vertrag von Versailles unter anderem auch schriftlich fixiert.
Aufgrund des engen nationalen Bezugs und der Selbstständigkeit Polens, die mit diesem besonderen Tag einhergeht, haben sich zahlreiche rechte Gruppen dazu entschlossen, diesen Tag auf ihre Weise zu „feiern“.
Im Jahr 2020 bietet sich hierzu eher weniger die Gelegenheit. Die Wahrscheinlichkeit, dass jedoch das Internet und die einschlägigen Plattformen genutzt werden, um unter anderem auch gegen die LGBTQ Szene vorzugehen, ist hoch.
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