„Prince Charming“ auf der Suche nach Mr. Right
20. April 2020 07:00
Wer bisher immer der Meinung war, bei Datingshows bekämen ausschließlich Heteros die Möglichkeit, nach der großen Liebe zu suchen, wurde mit „Prince Charming“ eines Besseren belehrt.
Hier machte sich Nicolas Puschmann, der erste deutsche, schwule Bachelor, auf die Suche nach seinem passenden Partner.
Schon bevor die Sendung auf TVnow abrufbar war, schien das Lager der Zuschauer gespalten zu sein. Auf der einen Seite: die Menschen, die sich einen schwulen Bachelor auf keinen Fall vorstellen konnten. Auf der anderen Seite: begeisterte Dating Fans, die nur darauf gewartet hatten, dass auch Homosexuelle die Möglichkeit bekommen, mit medialer Aufmerksamkeit nach ihrer großen Liebe zu suchen.
Bereits nachdem die erste Folge von „Prince Charming“ veröffentlicht wurde, stand fest: hierbei handelt es sich um ein Format, das durchaus über das Potenzial verfügt, Geschichte zu schreiben.
Doch was unterscheidet den schwulen Bachelor eigentlich von der klassischen Variante? Und wie konnte es Nicolas Puschmann schaffen, die Herzen von Gays und Heteros Im Sturm zu erobern? Fest steht: die positiven Entwicklungen in Richtung Gleichberechtigung machen Spaß und helfen dabei, Heteros und die LGBTQ Community näher zusammenzubringen. Wer braucht schon Vorurteile, wenn er stattdessen die Suche nach der großen Liebe feiern kann?
Ein alt bekanntes Konzept im komplett neuen Gewand
Grundsätzlich unterscheidet sich „Prince Charming“ nicht allzu sehr vom klassischen Bachelor. 20 attraktive Singles buhlen um das Herz von Nicolas, dem Prinzen. Dieser wirkt die komplette Staffel hindurch wie ein sympathischer Ruhepol, der es schafft, trotz zahlreicher Streitigkeiten unter seinen Verehrern immer die Ruhe zu bewahren.
Seine Aufgabe: das Aussieben von Kandidaten mit Hilfe der wohl begehrtesten Krawatten ever. Denn: während bei „Der Bachelor“ in der Nacht der Rosen Blumen verteilt werden, versuchen die Gays bei „Prince Charming“ ihre Krawatte bis zur letzten Sendung zu behalten. Wer das Accessoire abgeben muss, muss den Heimweg antreten.
Damit alle Beteiligten sich besser kennenlernen, stehen unter anderem Einzel- und Gruppendates – und natürlich auch die berühmten Übernachtungsdates – auf dem Programm. Mittendrin: Nicolas, der sich laut eigener Aussage auf keinen bestimmten Typ Mann festlegt. Umso besser (und spannender) für den Zuschauer! Und tatsächlich: man hat das Gefühl, dass der schwule Bachelor tatsächlich jedem die Chance gibt, sein Herz zu erobern.
Gleich viele Folgen, mehr Action?!
Viele Dating-Format-Fans ziehen „Prince Charming“ mittlerweile dem klassischen Bachelor vor. Die Gründe hierfür sind vielseitig. Wie viel mehr Action hier jedoch wartet, zeigt sich bereits in der ersten Folge. Wer kennt nicht das endlose Aus-der-Limousine-Steigen der Kandidatinnen? Schon hier beweist „Prince Charming“ ein wenig mehr Fantasie. Denn: der Gay-Bachelor fährt in einer Kutsche vor, während seine Verehrer bereits da sind.
Das Ergebnis: ein noch größerer Wow-Moment – nicht nur bei den Zuschauern. Zudem müssen diese sich tendenziell weniger als in ähnlichen Formaten fremdschämen, da langwierige „Naaaa? Wie geht es?“ und „Ohh, ich bin ja sooo aufgeregt!“ entfallen. Stattdessen werden sowohl die Teilnehmer als auch Nicolas Puschmann direkt ins kalte Wasser geworfen und müssen sich ab Sekunde 1 präsentieren.
Lustige Momente und tolle Charaktere – ein spannendes Gay-Abenteuer
Der Erfolg von „Prince Charming“ lässt sich sicherlich bis zu einem bestimmten Grad durch die besonderen Charaktere begründen. Denn: selbstverständlich sind genau sie es, von denen eine Dating Show lebt.
Besonders spannend gestaltet sich jedoch nicht nur der separate Blick auf die einzelnen Kandidaten. Auch die Zusammenstellung überzeugte. Egal, ob schüchtern oder extrovertiert: hier scheint jeder nur erdenkliche Kandidatentyp vertreten zu sein.
Und was wäre eine Dating-Show ohne Streitigkeiten? „Prince Charming“ steht „Der Bachelor“ hier in nichts nach. Von kleinen (und größeren) Intrigen bis hin zu Zickereien ist nahezu alles vertreten, was eine gute Story ausmacht.
Die Streitthemen? Bunt gemischt. Es geht um Anerkennung, Eifersucht und manchmal auch ein wenig unter die Gürtellinie. Publikumslieblinge sind ebenso schnell gefunden, wie diejenigen, die scheinbar nicht müde werden, „den Laden“ aufzumischen. Trotzdem bleiben echte Shitstorms im Zusammenhang mit der Sendung weitestgehend aus. Auch Zweifel an den ehrlichen Absichten der Kandidaten sind seitens der Zuschauer eher selten.
Kurz: wer sich auf der Suche nach lustiger Unterhaltung, spannenden Dialogen und einem authentischen Prinzen befindet, kommt hier auf seine Kosten. Immer abwechslungsreich, aber niemals wirklich böse wird um Nicolas‘ Herz gebuhlt. Manchmal mit mehr, manchmal mit weniger Krallen… und manchmal – wie Kandidat Alexander betonte – im „Bitch Modus“.
Ein heimlicher Star: die Mutter des Prinzen
Schon ab der ersten Folge hatte die Netzgemeinde eine ganz besondere Person in ihr Herz geschlossen: die „Königin Mutter“. Nicolas‘ Mutter ist sicherlich die Art von Mama, die sich jeder Gay insgeheim wünscht. Unglaublich sympathisch und voller Stolz berichtet sie vom Coming Out ihres Sohnes und darüber, wie wichtig es ihr ist, dass dieser glücklich ist.
Sie gehört sicherlich zu den Menschen, die keine Sekunde überlegt haben, die Homosexualität ihres Sohnes geheim zu halten. Im Gegenteil! Extrem offen und modern zeigt sie, wie einfach es sein kann, sein Kind so zu akzeptieren wie es ist – vollkommen unabhängig vom Alter.
Ein tolles Statement für die Gay Community
Allein bei der Tatsache, dass es der Gay Bachelor schaffte, einen Grimme Preis für die Sendung zu verzeichnen, stellt einen echten Meilenstein dar. Sicherlich handelt es sich hierbei um eine Tatsache, die so niemand für möglich gehalten hätte.
Mindestens ebenso überzeugend ist jedoch die positive Resonanz, die der Sendung immer noch entgegenschlägt. Die einzelnen Folgen wurden bereits etliche Male abgerufen. Manche Sätze, vor allem die, die zwischen den Kandidaten gewechselt wurden, wurden gefeiert.
Klar: sicherlich haben sich auch viele Mitglieder der LGBTQ Community gefragt, wie ein schwuler Bachelor wirken würde. Geht es darum, eine Szene ins Lächerliche zu ziehen? Wie authentisch wird berichtet? Fragen wie diese dürften auch bei den Kandidaten für schlaflose Nächte gesorgt haben.
Umso besser, dass das Konzept aufgegangen ist. Weder zu harmonisch noch zu biestig schafften es die Teilnehmer, sich ihren Weg in die Herzen der Zuschauer zu bahnen.
Und: die Tatsache, dass es „Prince Charming“ dann tatsächlich geschafft hat, vom Premium Angebot von TVnow ins klassische TVnow und nun zu VOX zu wechseln, zeigt, dass die TV Landschaft nur auf ein Format wie dieses gewartet hat. Viele Fans können Staffel 2 (sofern sie tatsächlich kommt) nicht abwarten.
Achtung Spoiler!! Sind „Prince Charming“ und sein Auserwählter noch zusammen?
Viele Casting Kandidaten wissen: eine Liebe, die über eine TV-Show gefunden wurde, muss nicht „ewig“ halten. Daher erklärt es sich von selbst, weswegen auch viele Zuschauer dem neuen „Prince Charming“ Paar ein wenig skeptisch gegenüberstanden.
Würde die Liebe, die auf derart unkonventionelle Weise begonnen hat, auch halten? Oder würde Nicolas Puschmann in die Fußstapfen von Paul Janke, Daniel Völz und anderen treten?
Spätestens bei der berühmten Reunion Show zeigte sich: ja! Nicolas und sein Lars sind tatsächlich noch zusammen. Die Liebesgeschichte geht sogar noch weiter! Mittlerweile sind die beiden zusammengezogen und leben in einer gemeinsamen Wohnung in Düsseldorf. Somit dürfte die perfekte Basis für eine lange, gemeinsame Zukunft geschaffen worden sein.
Wie lustig wäre es wohl, wenn das erste schwule Bachelor Paar den Paaren aus dem Original zeigt, wie es geht?
Definitiv nicht nur für Gays
Es wäre definitiv falsch, „Prince Charming“ ausschließlich Gays zu empfehlen. Auch viele Heteros dürften, allein schon aufgrund der teilweise urkomischen Dialoge („Nach zwei Monaten Detox brauche ich erstmal einen Drink. Oder fünf!“) ihren Spaß haben.
Die Sendung zeigt: die TV Landschaft ist definitiv bereit für eine Datingsendung für Gays. Hier wird niemand lächerlich gemacht, niemand bloßgestellt.
Vielmehr geht es beim Zuschauen darum, nicht nur Spaß zu haben, sondern auch den eigenen Horizont zu erweitern.
Bis zur kompletten Gleichberechtigung ist es noch ein langer Weg. Sendungen wie „Prince Charming“ tragen jedoch einen großen Teil dazu bei, dass die Gesellschaft bemerkt, wie herrlich normal Liebe unter Gays sein kann. Vielleicht auch irgendwann einmal zur „besten Sendezeit“ um 20.15 Uhr?
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